TRANSTRONICA Festival

Der Salon Queertronique feierte sein fünfjähriges Bestehen mit dem TRANSTRONICA Festival, einem 3-tägigen Musikspektakel voller visionärer Trans*Künstler*innen. Der Salon ist ein Kultur- und Clubprojekt der DJ und Musikerin Saeleen Bouvar und entstand zur Visibility von Trans*Musiker*innen, die gemeinsam ihre Version queerer Musikgeschichte gaben. Er ist seit 2019 ein fester Bestandteil der Clubreihen auf Kampnagel. Das TRANSTRONICA Festival ist das erste Musikfestival mit einem reinen Trans*LineUp. Drei Abende lang hatte das Publikum die Möglichkeit, eine handerlesene Auswahl von Trans*Musiker*innen zu hören, zu sehen und gemeinsam Sichtbarkeit fernab der Geschlechterkonstrukte zu feiern. Die Salonnière Saeleen Bouvar führte durch eines der wohl wichtigsten Musikevents des Jahres 2022.

Hinter der Idee des Musikevents stand zunächst die mangelnde Sichtbarkeit von Trans*Weiblichkeiten innerhalb der Clubkultur im Vordergrund. Egal wo wird, wie auch sonst im öffentlich-misogynen und besonders transmisogynen Diskurs ersichtlich, Trans*Weiblichkeit in ein Reich der sexuellen Ausschweifung und des Fetisches situiert. Auch in der queeren Clublandschaft bekommt das Thema Trans*Visibility keinen besonderen Stellenwert. Es wird regelrecht akzeptiert, dass keine Trans*DJs gekannt werden und dadurch die Unsichtbarmachung erklärt, gefestigt und moralisch legitimiert.

Mit der Entstehung des Salons wurde Saeleen Bouvar die Weite und Relevanz des Themas erst bewusst, denn gerade Trans*Personen wurden aus dem kulturellen Gedächtnis exiliert. Bereits Ende der 60er Jahre machten Trans*women of colour durch die Stonewall Riots das Gesetz zum Verbot gleichgeschlechtlicher Tanzpartner zunichte und ebneten so den Weg für den Disco Club. Die gesamte Disco-Bewegung entstand im Westen, in den Trans*Frauen aus den Militärdiktaturen Lateinamerikas und Südeuropas flüchteten.

Sie prägten maßgeblich die sexuelle Offenheit innerhalb der Ästhetik der 70er Jahre, öffneten eigene Cabarets und Travesti-Shows, von denen sich gern so mancher Pop-Produzent Inspiration für Musikvideos für das breitere Publikum holte. Es war eine schwarze Trans*Frau, die das House-System der Ballroom-Szene etablierte. Trans*Personen waren und sind also schon immer für unsere Club- und Musikkultur unablässlich. Daher ist es an der Zeit, ihnen wieder das Mikrofon in die Hand zu geben und ihren Stimmen freien Lauf zu lassen, ihre Geschichten, ihre Klänge zu hören, ihre Visionen, ihre Körper in Bewegung zu erleben und ihre Existenz zu ehren, die für so lange Zeit verschwiegen wurde.

Mit TRANSTRONICA feierte die Salonnière Saeleen Bouvar ihren Salon. Ganz nach alter weiblicher Salonkultur hat sie dafür die drei Abende in thematische Bereiche eingeteilt. Jeder Abend trägt den Namen einer Muse, die einen Aspekt des Trans*Seins symbolisiert.

DAY 1 MORFEA

12 MAI 2022

Morfea steht für die Zwischenwelt, die die Nacht mit dem Tag verbindet, die zwischen den Geschlechterpolen reist und die sich stets wandelt. Die Nacht bot Trans*Weiblichkeiten Schutz und die Möglichkeit auf die Straßen zu gehen. Dadurch prägten sie den Ruf und die Ästhetik ganzer Stadtteile, die später im Rahmen der Gentrifizierung Trans*Femmes exilierten und zu Ausgehvierteln wurden. Trans*Menschen eröffneten Räume des Amüsements, welches stets ein Vergessen hegemonialer Machtstrukturen ist. 

Dieser Abend wird den Pionier*innen und ihrem Blick in die Zukunft gewidmet, der sich in den Klängen von Trans*Musiker:innen widerspiegelt. Zu Morfea erwarten die Zuschauer futuristische Klänge, der Abend ist zugleich Schlüssel und Tor zu einer freieren Welt.

Concert

Mandhla Ndubiwa

Mandhla ist ein*e trans-feminine gender non-conforming Multimedia Künstler*in. Sie ist in Zimbabwe geboren und aufgewachsen und lebt zurzeit in Berlin.

Ihr unverkennlicher Stil vermischt experimentelle R&B- und Soulklänge mit visuellen Projektionen und performativem Tanz. In ihrer Musik befasst sie sich mit den alltäglichen Prüfungen, gegen die der Körper einer trans*, enby und femme Migrant*in Stand halten muss, einer alltäglichen Erfahrung zwischen Liebe, Identität, Sex und Akzeptanz.

©Mandhla Ndubiwa

Interview with Mandhla Ndubiwa

This short video was filmed with artist Mandhla Ndubiwa in March 2020 at Skånes konstförening, Malmö. While preparing for the opening of Ndubiwa’s exhibition Izifundo Zikababa (March 13 – May 10), curator C. Grace Chang talked with her about this exhibition, her latest residency in Berlin, and her artistic practice.

DJ

Billi Destabl

Als Resident des SLOT in Hamburg machte sich Billi DeStabl bereits einen Namen und bewies bei deren* Auftritt auf dem Vogelball und HÖR Berlin, dass Genre und Stil miteinander vermischt ein neues Ganzes erschaffen, welches durch Bewegung außerhalb der Grenzen Körper und Geist befreien kann. 

DeStabl steht für den Zustand, der immer im Fluss steht und niemals stockt und genauso erwartet uns alle ein Set, welches uns auf einem Klangfluss in einen uns unbekannten Hafen führt.

©Billi Destabl

Planet Euphorique - Billi DeStabl 

DAY 2 ERATÓ

13 MAI 2022

ERATÓ steht für Körperlichkeit, Erotik und Leidenschaft. Der zweite Abend dreht sich demnach um Body Empowerment und dem Verzicht auf cissexuelle Perspektiven auf Trans*Körper. Erató stammt nicht von „Erratum“, dem „Fehler“, dem „Verlaufenen“ oder schlichtweg „Falschen“, obwohl sich genau in diesem Missverständnis die patriarchale, cissexuelle Auffassung von Transsexualität als im „falschen“ Körper geboren verbirgt. Dieser wird durch verschiedene operative Maßnahmen „korrigiert“. Dieser Abend ist das Herzstück des Festivals, denn in ihm kommen Künstler:innen zu Wort, die genau diesem Cis-weißen Phantasma den Kampf ansagen.

Erató stammt nämlich vom „Eros“, der Leidenschaft, die ein Trans*Körper in sich birgt. Die Erkundung des eigenen Körpers außerhalb der Geschlechterbinarität ist einer der größten Akte der Selbstliebe und der „Autoerotik“. Es erwarten uns Künstler*innen, die in ihrem Werk selbst die Zügel ihrer Identität in die Hand nehmen und nicht ihr Trans*-Sein hinterfragen, sondern vielmehr das binäre Cis-Sein. Dieser Empowerment Abend für Trans*Menschen wird daher Cis-Menschen die Richtigkeit der eigenen binären Identität hinterfragen lassen und so ein neues Verständnis füreinander erschaffen.

Concert

Mavi Veloso

„Dont say biological when what you mean is cis, don´t say real, natural or normal when what you mean is cis.”

 

©Mavi Veloso

Niemand sonst könnte den zweiten Abend besser bestreiten als Mavi Veloso, brasilianische Sängerin und Performerin aus Amsterdam. Ihr erstes Album „Travesti Biológica“ ist nicht nur musikalisch ein Erlebnis zwischen Trap, Raggaeton Tecnobrega und Electropop, sondern gleichzeitig eine Kampfansage an die Cis-Normativität, die Natürlichkeit am Cis-Sein festmacht. 

„Travesti“, als Slur von der Gesellschaft verwendet, um gerade Trans*Weiblichkeiten als „verkleidete Männer“ zu diffamieren, wird von Veloso mit dem Zusatz „Biológica“ ad absurdum geführt und als eigenes Wort reclaimed. 

Jeder Körper ist natürlich, so wie er ist und wie er sich fühlt, die biological tranny identifiziert sich als femme. Sie mag einen Transpenis haben oder nicht, sie mag eine biologische, psychologische oder auch  medizinisch perfekte Vagina haben, egal ob weiblich, männlich oder beides. Sie interessiert sich nicht für Genitalien, sie ist eine starke Femme in all ihrer Komplexität und Vielschichtigkeit.

Für TRANSTRONICA wird Mavi gemeinsam von der Trans-Performerin Pauli Scharlach und der DJ und Musikproduzentin Urubu Marinka begleitet.

Mavi Veloso - Postiços

©iso_OK

Mavi Veloso - in D Meantime

©iso_OK

Mavi Veloso - Video Clip

©iso_OK

DJ

Dirty Daddy Don

Wenn Dirty Daddy Don hinter den Decks steht, ist eines gewiss: Es wird heiß, schwitzig und queer. Als Resident von DUMP, dem Trashfest im Berliner Sexclub Untertage weiß Dirty Daddy genau, wie er ein Set voller schmutziger Tracks gestaltet. Sein typischer Sound variiert zwischen hartem House und verführerischem 

Techno. Neben seinen Remixen für das Label Wet Trax servierte Dirty Daddy Don seinen mit queerem Sex geladenen Sound und mit seiner ihm bekannten schamlosen Art auf legendären Partyformaten wie der Trashera, Pornceptual, DURCH, Bushwig, Buttons sowie dem WHOLE Festival und United We Stream uvm.

©Dirty Daddy Don

Queer Haus - Dirty Daddy Don

DJ

Best Boy Electric

Als Mitglied des queerfeministischen Kollektivs POSSY und Co-Gründer des Webradios HALLO:Radio ist Best Boy Electric aus der Hamburger Musikszene nicht wegzudenken. Als Pudel Resident besticht they mit einer ausgefeilten Auswahl elektronischer Köstlichkeiten durchzogen im klassischen Detroit Electro Sound.

Deren besonderes Geschick für monumentale Sets bewies they u.a. beim Krake Festival und Pornceptual Does Hamburg. Neben dem musikalischem Reichtum hinter deren Sets setzt sich Best Boy Electric für mehr FLINTA* Sichtbarkeit hinter den Decks ein. Wir können uns also auf einen dunklen und heißen Abschluss des zweiten Abends freuen.

©Ralf Köster

Waiting for NACHTIVILLE

Best Boy Electric HÖR 

DAY 3 CELESTE

14 MAI 2022

Der abschließende Abend des Festivals trägt den Namen CELESTE. Sie ist die Muse der Freude, der Feier, der Euphorie und spielt eine zentrale Rolle im Leben eines Trans*Menschen. CELESTE ist das Gefühl, endlich im Körper ein Zuhause gefunden zu haben, es ist das Erlebnis, endlich nach einer langen Reise im „Falschen“ sich selbst als „richtig“ zu empfinden.

Dieser Zustand der Euphorie über den eigenen, wiederentdeckten Körper ist ein Akt der Befreiung, den jede Trans*Person in ihrer Identitätsfindung verspürt. CELESTE bejaht das Leben, spricht Mut aus und feiert die Freiheit des Körpers.

Concert

Nomi Ruiz

Das Highlight des TRANSTRONICA Festivals wird zweifelsohne der Auftritt von Nomi Ruiz, die erste lateinamerikanischen Transfrau mit weltweiten Auftritten auf prestigeträchtigen Bühnen, sein. Internationales Aufsehen erregte Nomi zum ersten Mal als Stimme auf dem Debutalbum von Andy Butlers Musikprojekt „Hercules and Love Affair“.

©Inna

Ein Jahr später gründete sie Jessica 6 und festigte sich durch Auftritte im Berliner Tempodrom, den griechischen MAD Video Music Awards 2011 und der Londoner Royal Albert Hall ihren Ruf als Weltstar. Sie hat mit Künstlern wie ANOHNI, Honey Dijon, Keinemusik, Sakis Rouvas, Sam Sparro, Todd Terry zusammengearbeitet.

Ein Jahr später gründete sie Jessica 6 und festigte sich durch Auftritte im Berliner Tempodrom, den griechischen MAD Video Music Awards 2011 und der Londoner Royal Albert Hall ihren Ruf als Weltstar. Sie hat mit Künstlern wie ANOHNI, Honey Dijon, Keinemusik, Sakis Rouvas, Sam Sparro, Todd Terry zusammengearbeitet.

Sie gab ihr Schauspieldebüt in Kurt Sutters Sons Of Anarchy-Spinoff Mayans MC, gastierte in der FX-Serie „Pose“ und spielte in dem Amazon Prime-Spielfilm „Haymaker“ mit. Ihr zweites Soloalbum „Hi Def Femme“ wird am 24.Juni veröffentlicht.

Neben der Musik wurde sie 2012 Muse von Thierry Mugler und veröffentlichte Essays und Gedichte über Feminismus, Sex, Liebe und Genderindentität.

©Nicolas Quinteros

NOMI RUIZ | 2021 REEL Video

Cakes Da Killa feat. Nomi Ruiz 

©Rodrigo Puente Guillen

Jessica 6 - 'In The Heat White Horse'

Nomi Ruiz LIVE NYC 2015

©Rodrigo Puente Guillen

Live Konzert at the Poisson Rouge

video

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Musiksets

Saeleen Bouvar

Die Kuratorin von TRANSTRONICA begann 1998 ihre Karriere als DJ. Sie formte damals die queere Untergrundszene Hamburgs musikalisch mit und schöpft aus einem Repertoire queerer Musikgeschichte aus drei Jahrzehnten. Seit der Gründung ihres Salon Queertronique bereichert sie das Clubleben Hamburgs mit einer gehörigen Portion Trans*Visibility.

Gedächtnis klärt sie in den sozialen Medien über die vergessene Wichtigkeit von Trans*Weiblichkeiten innerhalb des Kulturlebens und unterstreicht dabei die ausbeuterische, kulturelle Aneignung in der Musik- und Unterhaltungsbranche. Saeleen Bouvars Sets sind einzigartige Geschichten, die nie gleich klingen. Ihr Fundus reicht von Disco, Chicago und Acid House bis hin zu Techno und Electroclash. Ihre eleganten Übergänge versprechen ein Set wie eine lückenlose Extase.

©Frederik Busch

[sic]nal / Saeleen Bouvar

TV - KINKY SUNDAYS 

DJ

Yha Yha

Als Mitbegründerin von New World Dysorder, dem ersten Kollektiv aus trans*/gender non conforming/ POC und femme identified Künstler:innen, wird Yha Yhas soziokulturelles Engagement sichtbar. Ursprünglich in der Bay Area 2015 entstanden expandiert das Netzwerk nun auch nach Berlin und sorgt so für eine gerechtere aber auch diversere Clublandschaft. Ihr eigener Musikstil lässt sich am besten als eklektisches DJing beschreiben. 

Yha Yha ist eine Verfechterin des Cross-Genre-Mixings zwischen atmosphärischem Techno über Bass zu Vogue Beats bis hin zu House. Ihre Karriere als DJ begann sie 2016 kurz vor ihrem Umzug nach Berlin. In kürzester Zeit hat sie sich einen Namen in der Szene gemacht und spielte bereits unter anderem auf Partys wie Room for Resistance, Brenn, Buttons und Mess.

©Vincent Tiberius

WHOLE | United Queer Festival

Mala Junta - DJ SOULSEEK B2B

DJ

Mine Pleasure Bouvar

Welcher Act könnte am besten das Festival schließen als die hauseigene Tochter* und Resident des Salon Queertronique Mine Pleasure Bouvar. Seit 2018 Mitglied des internationalen Netzwerkes female:pressure bespielte sie* bereits das Berliner SchwuZ, die PRIZM im Klunkerkranich, die CSDs in Hannover und Nürnberg uvm. 

Mine hinter den Decks verspricht ein regelrechtes Klangbuffet verschiedener Stile zwischen Techno, House und Electroclash serviert auf 100% Vinyl. Neben der Plattenjonglage produziert sie* selbst Musik, schreibt und ist als Bildungsreferent*in und Workshopleiter*in mit den Schwerpunkten trans*Feindlichkeit und trans*Misogynie tätig, um das Cis-tem zu unterwandern.

©Mine Pleasure Bouvar

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